Hier einige Sagen aus der Seulbitzer Flur




Das Schloss im Gärtig

Eine der ältesten Siedlungen im Rotmaingebiet, älter als Bayreuth selbst, ist der frühere Bauernort Seulbitz . In seinem Flurstück Gärtig ( Gartenland) soll einst ein schönes Schloss gestanden sein, dessen Bewohner einen weiten Blick in den Talkessel des Roten Main gehabt haben müssen. Pflügt ein Bauer an einem gewissen Novembertag, an dem der Nebel in Schwaden über den Feldern liegen muss, über die alten Burgmauern, dann hört er die versunkenen alten Gewölbe dröhnen von den Huftritten der pflügenden Pferde, und der Pflug reißt Steine der alten Mauer, Scherben irdener Gefäße und Münzen aus dem Ackerboden. Jedoch nur einem Sonntagskind könnte sich in diesem Moment das Gewölbe öffnen, in dem ein großer Schatz liegen soll. Seltsamerweise erzählt man eine ähnliche Sage von einer Burg deren Gemäuer heute noch auffindbar wären, wollte man nur nach ihnen graben, aus der Dorfgemarkung Seulbitz. Es handelt sich dabei um die hallenden Wände einer alten, in früherer Zeit zerstörten oder verfallenen Burg im ebenfalls über dem Rotmaintal gelegenen Flurstück Burgstall. Von einem Schatz, den es hier zu finden geben könnte, ist jedoch in der Burgstall - Sage nicht die Rede.




Der Gedenkstein in der Seulbitzer Rees

In der unteren Rees nahe dem Einzelhof Römerleithen, rechter Hand des Kirchsteigs von Seulbitz nach St. Johannis, der einer Altstraße entlang läuft, stand noch bis vor etwa vierzig Jahren ein alter Gedenkstein aus verwittertem Sandstein. Er sollte an eine Bluttat erinnern, die vor mehr als zweihundert Jahren hier geschehen ist. Ein auf der Walz befindlicher Handwerksbursche war hier von einem umherstromernden Bettelmann um ein Zehrgeld angegangen worden und mit diesem in Streit geraten. Dabei erschlug der Bettler den Handwerksburschen und machte sich danach aus dem Staub. Im betrunkenen Zustand soll er später die ungute Tat verraten haben, und sie soll Sühne gefunden haben. Der Bauer, dem das Grundstück gehörte, dürfte wohl den Stein haben setzen lassen, um sowie man -früher meinte - die Tat zu lokalisieren und den Fluch der Untat von Feld und Grund zu bannen.




Der Teufelshund in der Sandwiese


Zwischen der Grunauermühle bei Bayreuth und dem Ort Seulbitz führt die Straße durch die sogenannte Sandwiese, ein langes und breit sich erstreckendes Flurstück, aus dem heute längst Ackerland geworden ist. Hier soll es in Vollmondnächten nicht geheuer sein. Zwischen Mitternacht und ein Uhr kommt dem Wanderer von Zeit zu Zeit ein großer schwarzer Hund entgegen, der urplötzlich aus der Wiese auftaucht und sich im Kreis auf den Dahineilenden zubewegt. Das grässliche Tier hat feurige Augen, und aus dem weit offenen Rachen läuft ihm der gelbe Geifer. Kommt der Hund in Reichweite des vorbeigehenden Menschen, so ist es, als bilde sich ein heller Kreis um das Tier, abgegrenzt von kleinen Flämmchen. Die furchterregende Bestie versperrt dem einsamen Wanderer den Weg und verharrt dann still am selben Platz, solange sie nicht angerührt wird, bis die Uhr eins schlägt. Dann verschwindet der ganze Spuk genauso plötzlich, wie er gekommen ist. Einmal soll ein mutiger Mann mit dem Stock nach dem Hund geschlagen haben, aber der habe ihm den Stock entrissen, und der Mann sei wie vom Schlag getroffen niedergesunken. Erst des Weges kommende Seulbitzer hätten ihn am nächsten Morgen ohnmächtig am Wegrand gefunden; der Stock sei in tausend Stücke zertrümmert daneben gelegen. Der Hund sei - so glaubt man - der nicht zur Ruhe gekommene Geist eines Mörders, dessen Seele durch sein sündiges Leben dem Teufel verfallen sei. In Vollmondnächten zwischen zwölf und eins habe diese Seele Gelegenheit, dem Menschen zu begegnen, der in seiner Angst vor dem grauenhaften Hund den Teufel um Hilfe bitte. In diesem Augenblick verfalle der Mensch der Hölle, und die arme gepeinigte Seele sei frei.




Die Wüstung Zweita


Im Mittelalter stand an der alten Straße von Bayreuth nach Weidenberg und weiter ins Egerland in dem alten Seulbitzer Flurstück der "Zweitau" (im Volksmund Zweita) ein Bauernhof. Hier wechselten die vielen Fuhrwerke, die diese Altstraße befuhren, die Pferde oder spannten vor: in Richtung Weidenberg für die Pensenhöhe, in Richtung Bayreuth für die Jochhöh (Juchhöh). Diese zusätzliche Einnahmequelle machte die Zweitabauern nach und nach recht wohlhabend. Lange Zeit ging alles seinen Gang, bis eines Tages ein Fuhrknecht aus Böhmen die Kunde mitbrachte, es sei ein großer Krieg ausgebrochen. Es war der "Dreißigjährige Krieg", der gerade seinen schrecklichen Anfang genommen hatte. Dennoch gingen in der Zweita noch ruhige Jahre ins Land, nur Durchreisende erzählten von immer schlimmeren Dingen, die sich an anderen Orten zutrugen. Als eines Tages die Kunde kam, vom Osten her nahe ein feindliches Heer, kehrte auch im Zweitahof die Sorge ein. Der Bauer ließ, soweit es möglich war, all seinen Besitz eingraben und im nahen Pensen ein verborgenes Gehege für Vieh und Hausbewohner errichten. Und doch sollte alles ganz anders kommen, als man erwartet hatte, denn schon in der zweiten Nacht nach der unguten Kunde polterte es an das Hoftor, und als der Bauer öffnete, stand auf triefendem Pferd ein reitender Bote vor dem Tor, der ein neues Pferd erbat, da er schlimme Kundschaft weiterbringen müsse. Die Kaiserlichen kämen von Immenreuth über Weidenberg und seien sicher auch bald hier. Noch vor dem Morgengrauen ließ der Zweitabauer Knecht und Mägde, Frau und Kinder und das Großvieh ins sichere Versteck in den Sandsteinklüften des vorderen Pensen ziehen. Er selbst wollte bei Tagesanbruch folgen, doch vorher noch Wichtiges zusammenraffen. Nur war es dazu dann schon zu spät - Kroaten und kaiserliche schnelle Reiter standen vor dem Hof. Was sie mit dem Bauern machten, wie sie ihn folterten, damit er Vorräte und verstecktes Geld verriet, ist nirgends berichtet. Nur eines hatte er offensichtlich nicht preisgegeben: das Versteck der Seinen. Diese fanden ihn nach Tagen des Durchmarsches der Feinde tot vor dem abgebrannten Hof und dem verwüsteten Stall, gestorben an den Wunden der grausamen Folterungen, wie noch die St. Johanniser Kirchenbücher zu berichten wissen. Der Zweitahof selbst wurde nach dem langen Krieg nicht wieder aufgebaut; er blieb Wüstung, und selbst diese ist heute vielen unbekannt. Seine einstigen Fischweiher versumpften im Zweitahölzchen. Noch vor dem Zweiten Weltkrieg aber erzählte man sich in Seulbitz, in der Zweita gehe es um und manchmal höre man um Mitternacht einen Mann qualvoll stöhnen.




Der Bärentümpel


Im Wald zwischen Neunkirchen, Seulbitz und Aichig im sog. Herzig liegt ein uralter, finsterer Tümpel, von dem sich die alten Leute erzählen, er habe keinen Grund. Als man einmal mit einem Wiesbaum seine Tiefe habe messen wollen, sei man nirgends auf den Boden gestoßen, man habe aber das Gefühl gehabt, dass der Wiesbaum festgehalten worden sei. Dieser dunkle, moorige Tümpel wird im Volksmund Bärentümpel geheißen. Für die Entstehung des Namens gibt es zwei Versionen. Die einen sagen, nach dem letzten großen Krieg. sei der letzte Seulbitzer Bär in diesen Tümpel getrieben worden. Andere jedoch meinen, man müsse unter "Bären" einen Riesen von Mann verstehen. Dieser sei Anführer einer arbeitslosen Bande von Soldaten gewesen, und nach dem großen Krieg hätten ihn die Bauern aus Rache in den Tümpel getrieben. Sein Geist hätte wegen der vielen Mordtaten noch immer keine Ruhe gefunden. Um seine Seele zu befreien, suche er nach einem Menschen, den er statt seiner in den Tümpel ziehen könne. Deshalb sei es auch gefährlich, nachts daran vorbeizugehen, denn der "Bär" stehe mit dem Häkelmann hinter einem Baum und versuche, den Vorübereilenden die Böschung hinabzustoßen.
- Letzter großer Krieg - gemeint ist der Dreißigjährige Krieg.




Der versetzte Grenzstein


Die nachfolgende Sage wird von mehreren Ortschaften des Bayreuther Landes (mit geringfügigen Abweichungen) gleichzeitig erzählt. Sie soll nächtlichen Spätheimkehrern in der Mitternachtsstunde von zwölf bis eins glaubhaft vorgekommen sein. Die Darstellung für das Flurstück Lindig bei Seulbitz lautet so: Da taucht vor dem nächtlichen Wanderer auf dem Nachhauseweg plötzlich ein kleines, verhutzeltes Männchen mit einem großen Buckel auf. Das Männchen kommt auf ihn zu, und es ist, als höre man ein leises, unterdrücktes Stöhnen. "Wohin soll ich ihn tun?" fragt der Kleine. Er trägt einen großen Feldstein auf der Schulter. "Hast noch immer keine Ruh mit deinem Grenzstein?" fragt der Angesprochene. Statt einer Antwort stöhnt das Männchen: "Wohin soll ich ihn tun?" "Tu ihn halt dahin, wo du ihn hergenommen hast." Auf diese Worte macht das Männchen eine Bewegung und lässt den Stein von der Schulter gleiten. Der Bauer erkennt plötzlich, dass er auf seiner eigenen Wiese steht, um die vor Jahren prozessiert wurde. Er hört, wie das Männchen erleichtert aufatmet und sich im Nebel auflöst. Er weiß nicht, ob er geträumt hat. - In einem der bekannten Fälle kehrt seit dieser Zeit das Glück bei dem Manne ein. Die Nachbarn wundern sich, wie sein Hof aufblüht. Aus dem kleinen Bauernhof soll einer der größten Höfe des Dorfes geworden sein.




Das "Reitende Volk" im Gereuth


Wenn man in kalten, mondklaren Winternächten, wenn alles vor Kälte klirrt, auf dem Weg von Neunkirchen a. Roten Main nach Seulbitz das Gereuth - Wäldchen, eine Waldabteilung im sog. Schönbühl passiert, so hört man von weitem schon das Klirren von Waffen und Stampfen von Hufen. Manchem nächtlichen Wanderer wollte sogar scheinen, er hätte Berittene in voller Waffenrüstung, mit glänzenden Lanzen und Säbeln, am Waldrand gesehen. Die geheimnisvollen Reiter aber halten sich zurück; sie nähern sich dem Wandernden nicht. Sie sind jedoch, sobald die Uhr am nahen Neunkirchner Kirchturm das Ende der Geisterstunde anzeigt, verschwunden wie ein Spuk. Historisch mag diese sagenhafte Darstellung menschlicher Beobachtungen unter dem Eindruck der vorgerückten mitternächtlichen Stunde darauf zurückzuführen sein, dass aus alter Zeit, nämlich der Zeit des Dreißigjährigen Krieges überliefert wurde, ein großer Trupp Reiter, angeblich Kroaten, hätte sich, durch das unerwartete Herannahen gegnerischer Truppen, in die damals wüste Waldgegend zurückgezogen und sei in dem dortigen Sumpfgelände kläglich umgekommen.




Der feurige Mann


Auf dem alten Weg von Seulbitz nach Glotzdorf soll sich in früheren Jahren ein feuriger Mann herumgetrieben haben. Er tat niemandem etwas zuleide, aber die Leute fürchteten sich doch, wenn sie mit diesem furchterregenden Gesellen zusammentrafen. So vermieden sie es ängstlich, vom rechten Weg abzukommen. Einmal kam gegen Mitternacht ein Bauer von der Kerwa heim. Da trat der feurige Mann auf ihn zu und bat, er möge ihn gegen ein Schock Kreuzer erlösen. Als Erdenpilger habe er zwei Rainsteine versetzt, die er nach dem Tode auf seinem Rücken tragen müsse. Er könne erst erlöst werden, wenn das Sühnebeutelchen mit Kreuzern gefüllt wäre. Das sei nun soweit. Die Kreuzer hätte er bekommen, wenn er jemanden, der in der Dunkelheit vom Weg abgewichen wäre, aus der Irre geführt habe. Heute sei der Tag gekommen, an dem die beiden Rainsteine an ihren alten Platz müssten. Furchtlos ging der Bauer mit und half ihm. Als der zweite Rainstein festsaß, erlosch der feurige Mann und verschwand für immer. An der Stelle, wo er gestanden war, lag ein ledernes Beutelchen, das der Bauer aufhob und mit heim nahm. Zu Hause angekommen sah er, dass es lauter goldig glänzende Münzen enthielt. Er verwahrte sie sorgsam, solange er lebte, und das Glück blieb ihm in Haus und Stall treu. Einer seiner Nach- fahren soll dann die Goldstücke vertan haben und starb im Elend.




Vom Huckaufmännchen im Pensenflur


Im Pensenflur, einem wohl recht früh gerodeten Wiesenstück inmitten der damaligen Pensenwälder bei Seulbitz, trieb ein Huckaufmännchen sein Unwesen. Manchem Wanderer jagte es Angst und Schrecken ein, und mancher, der zu später Tageszeit noch Holz holen wollte, musste seinen Mut büßen. Urplötzlich spürte man das Huckaufmännchen auf dem Rücken, man fühlte sich, als habe man eine schwere Last zu tragen, und wenn man sich umdrehte, dann schlug es einem wie mit einem Mützenzipfel ins Gesicht. Besonders in den Zeiten, in der gar manch arme Familie auf das Leseholz angewiesen war, kamen manche Frauen völlig verängstigt nach Hause, vollkommen außer Atem, weil der Korb bis ins Dorf immer schwerer geworden war und das Huckaufmännchen ständig Schabernack mit ihnen getrieben hatte. Man glaubte allmählich, das Männchen sei ein Waldgeist, der den Menschen nicht gut gesinnt sei und sie auf die besagte Weise vom Wald fernhalten wollte.




Der lange Mann vom Pensen


An der Straße, die von Seulbitz aus quer durch den Pensen nach Weidenberg führt, steht ein alter Grenzstein, im Volksmund der "Stundenstein" geheißen. Gar mancher, der hier zu mitternächtlicher Stunde des Weges kam, sah plötzlich neben dem Stein einen baumlangen Mann auftauchen, wie aus dem Boden gewachsen, stumm wie ein Stock. Geht der nächtliche Wanderer unerschrocken weiter seines Weges, so begleitet ihn der riesenhafte Mann, der keinen Schatten zu haben scheint, an der Seite des Weges laufend, bis an den Rand des Waldes; er ist verschwunden, ohne ein Wort gesagt zu haben, sobald die ersten Lichter des Bayreuther Talgrundes oder in Richtung Weidenberg die freie Ebene auftauchen. Zögert ein erschrockener Wanderer jedoch, am Stundenstein und an dem Fremden vorbeizukommen, so ist es gerade so, als wolle ihm dieser den Weg nach rückwärts abschneiden und ihn nötigen, die eingeschlagene Richtung weiterzugehen. Er nimmt dabei bedrohliche Haltung an und bekommt ein regelrecht rotes Gesicht. Um ein Uhr in der Nacht jedoch ist der Spuk verschwunden. Nach alten Erzählungen soll in der Nähe des besagten Stundensteins vor langer Zeit ein heimtückischer Mord an einem friedlich seines Weges ziehenden Bauern begangen worden sein und der Mörder noch immer nicht seine Ruhe gefunden haben. Der Wilde Jäger auf der Lankendorfer Höhe In der Mitternachtsstunde in der Zeit der "Heiligen zwölf Nächte" war es. auf dem Weg zwischen Lankendorf und Seulbitz nicht geheuer. Jeder " glaubte zu wissen, dass hier das" Wilde Heer" auf der langen Ebene hauste, das einem Menschen, der das Treiben störte, übel mitspielen konnte. In einer solchen Nacht überquerte ein Bauer, der von Weidenberg kam, diese Hochfläche. Schon hörte er ein Sausen und Brausen in der Luft, das immer mehr anschwoll. In seiner Angst warf er sich auf den Boden und kroch dann seitlich der Straße in einen Straßengraben - und da ging es auch schon über ihn hinweg. Aus lauter Neugierde hob er aber doch einmal den Kopf, da war es ihm, als hätte er einen Schlag von einem Pferd ins Kreuz bekommen. Plötzlich ging ein Guss Wasser über ihn und durchnässte ihn bis auf die Haut. Erst als das Toben nachließ, wagte er es, sich wieder zu bewegen. Zitternd vor Angst erreichte er seinen Hof in Seulbitz. Noch in der Nacht überkam ihn ein heftiges Fieber, und tagelang bangte man um sein Leben.